DIE PAWLOWSKIS forte Das Göttinger Generationen-Kabarett

DEWEZET Hameln, 04.10.2010 Christoph Huppert - Zeilensprung.de

Na bitte, es gibt also doch noch anspruchsvolles, ideenreiches, intelligent gemachtes Wort-Kabarett. Das Göttinger „Generationenkabarett Pawlowski forte“ ist ein einsamer Leuchtturm im wild tosenden Meer der Präkariats-Comedy à la Cindy von Marzahn und Mario Barth. Das Vater-Sohn Duo Dr. Klaus und Peter Pawlowski bemühten im fast voll besetzten „Theater auf der Bühne“ (TAB) die hellseherischen Kräfte des „Orakels von Elfi“ (Uschi Siemon), um einen Blick in die Zukunft zu tun.

Die sieht wie erwartet düster aus. Doch die Pawlowskis sehen die Ungereimtheiten, Skandale und Skandälchen der bundesdeutschen Gegenwart zwar mit Wut im Bauch doch ohne Bitterkeit. Im Gegenteil. Da verkehrt eine pfiffige Seniorin bei ihrem Kreditantrag einfach die Rollen und hinterlässt einen verdutzten Bankmanager und ein amüsiertes Publikum.

Die Gratulationstour von AOK, Finanzamt und „Konsum-Kontrollerin“ dagegen wird für einen 80-Jährigen zur wahren Heimsuchung, und das „Institut der allgemeinen Beunruhigung“ sorgt dafür, dass wir fortwährend die ausreichende Dosis an Katastrophenmeldungen verpasst bekommen.

Kostenexplosion im Gesundheitswesen? Kein Problem. Die Pawlowskis zeigen wie mit Gartenschere und Kneifzange künftig zuhause selbst operativ Hand angelegt werden kann.

Sicher, das Publikum im TAB ist 55 plus. Doch die Göttinger stört das nicht. „Das sind doch die Leute, die ein Leben lang gut gelebt haben, jetzt aber auf einmal merken, dass es im Alter doch nicht so rund läuft wie sie sich es ausgemalt haben.“

Gekonnt verdichtet „Pawlowski forte“ den deutschen Alltag 2010. Sind die zwergwüchsigen Märchenwesen mit den roten Zipfelmützen  Terroristen? Eine Bürgerwehr muss her. Und am Ende wird gar Goethes „Erlkönig“ in einen ICE-Triebkopf verformt, der trotz mancherlei Beschwerden gegen besseres Wissen bis zum bitteren Ende immer weiter fahren muss.

Höhepunkt aber ist der ferngesteuerte „Politroboter“, den umzuprogrammieren ein ums andere Mal treffliche Pointen generiert.

Die Wortgewalt von TAZ-Glossenschreiber Klaus und die schauspielerische Ausdruckskraft von Sohn Peter paarten sich an diesem Abend mit der Orakelkraft von Uschi „Elfi“ Siemon. Keine Frage, dieses Orakel hat sehr gut gesprochen.

 

 

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