DIE PAWLOWSKIS forte Das Göttinger Generationen-Kabarett

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Seesener Beobachter 14.01.2013

 

Die Göttinger Kabarettisten „Die Pawlowskis forte“ begeisterten beim Kulturforum.

Kabarett beim Seesener Kulturforum – Die Pawlowskis forte

Die Abschiedstournee der Göttinger Kabarettisten, Klaus und Peter Pawlowski, zusammen mit Uschi Simon, führte auch in die Aula zum Seesener Kulturforum. Der Vorsitzende Walter Kien erinnerte zu Beginn an die allererste Veranstaltung der Seesener Kleinkunst-Initiative vor mehr als 25 Jahren: „Ohne die Freunde aus Göttingen gäbe es das Seesener Kulturforum wahrscheinlich gar nicht!“
Ganz im Sinne eines Abgesangs nach dreißig Jahren Göttinger Kabarett beginnt Uschi Simon mit einer Ansprache: „Liebe Trauergemeinde, liebe Hintertriebene...“
Der Inhalt ist dann Sprachgenuss pur, über das „Brett vor dem Mund“ und „keinen Sand in den Kopf gesteckt“, denn „der Glaube kann Zwerge versetzen!“
Das Pawlowski-Duett (Peter an der Gitarre) „Gute Nacht, Freunde“ klingt nach Reinhard Mey. Das angekündigte Best-Of-Programm bringe zwar ältere Lieder, sie seien weiterhin aktuell, nur die neuen Namen müssten eingesetzt werden, aktuelle Kanzlerin heute statt Schröder von 2002.
Aber auch die deutschen Klassiker werden respektlos aktualisiert: „Der Erlkönig“ droht im Supermarkt zur Förderung der Binnen-Konjunktur. Eine Kombination von Harz und Hartz IV entwickeln die Kabarettisten auf einer Pirsch durch den Gebirgswald. Förster Klaus zeigt der Touristin Uschi scheue Alt-68er, eine Familie mit fünf Frischlingen, nimmt sie mit zur Lakritz-Fütterung für die ganz Zahmen und informiert über das waidgerechte Ausdünnen im Rahmen der Bestandskontrollen.
Ein Ständchen an die „schöne ach so schöne Angela“ nimmt Anleihen bei den Comedian Harmonists, wenn auch mit reichlich reduzierter Mannschaft. Ein Double-Blues wird a capella vorgetragen.
Evelyn Hamann klingt durch, wenn Uschi Simon zu einer Besichtigung der Bundestagskantine einlädt: Drei belegte Brötchen unterhalten sich über Politik und die Einschätzung der aktuellen Kabinettsmitglieder.
Am Ende deckt der „Niebel wunderbar“ des Matthias Claudius die politische Welt. „Artgerechte Seniorenhaltung“ ist Thema und „Was tun gegen Kindermangel“ bleibt „märchenhaft“. Ein alternder Mediziner referiert mit „fachsprachlichem“ Latein über „morbus corpus immortalis“ und körperliche „Altbausanierung“. Beim zweiten „Erlkönig“ sind die Prostata und andere Malaisen Thema. Ein zweistimmig intonierter „Optimisten-Boogie“ beendet schließlich das offizielle Programm beim Seesener Kulturforum.
Das begeisterte Publikum erklatscht sich Zugaben. Im Anschluss an die Veranstaltung hört man viel Anerkennung über die Darstellung: Erfrischende Gags, auch „ohne Schimpfworte und Anmache“, sympathische Präsenz und zeitlose literarische Bezüge werden gelobt.
Es war eine Vorstellung, in der sich trotz der kritischen Themen vieles gereimt hat: Kabarett aus Göttingen, ein großes Gedicht!

 

Joachim Frassl